Sensorische Integration, Selbstregulation und Spiel – Wie du deinen Welpen und Hund wirklich unterstützt
- Sarina Kriechbaum
- 20. Mai
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 27. Mai
Die Antworten liegen oft nicht im klassischen Hundetraining, sondern viel tiefer – im Nervensystem des Hundes. In diesem Artikel erfährst du, wie sensorische Integration, Selbstregulation und Spiel dir helfen können, deinen Hund besser zu verstehen und nachhaltig zu fördern – egal ob Welpe, Junghund oder erwachsener Hund.

Was bedeutet Sensorische Integration beim Hund?
Sensorische Integration (SI) beschreibt die Fähigkeit des Gehirns, Reize aus dem Körper (z. B. Gleichgewicht, Körpergefühl) und der Umwelt (z. B. Geräusche, Berührungen) aufzunehmen, zu verarbeiten und sinnvoll darauf zu reagieren.
Wenn diese Verarbeitung nicht gut funktioniert, zeigt sich das oft im Verhalten:
dein Hund wirkt nervös oder rastlos
er lässt sich leicht ablenken oder ist schnell frustriert
er hat Probleme mit Koordination oder körperlicher Balance
er kommt nach dem Spielen nicht zur Ruhe
Für dich als Hundehalter:in bedeutet das: Dein Hund ist nicht ungehorsam, sondern erlebt eine Reizüberflutung im Nervensystem, die er nicht selbst regulieren kann.

Was ist Selbstregulation – und warum ist sie so wichtig?
Selbstregulation ist die Fähigkeit, das eigene Erregungsniveau (engl.: arousal) im Gleichgewicht zu halten. Also nicht in Aufregung oder Stress zu kippen, sondern bei sich zu bleiben.
Viele Hunde lernen stattdessen nur Impulskontrolle – z. B. Sitz und Bleib trotz Ablenkung. Das hilft kurzfristig. Aber echte Regulation passiert von innen, nicht durch ständiges „Bleib! Nein! Aus!“ und Kontrolle von außen.
Vorteil für Hundehalter:innen: Hunde mit guter Selbstregulation sind ruhiger, belastbarer und zeigen seltener unerwünschtes Verhalten. Mit solchen Hunden ist der Alltag harmonisch und schön. Du brauchst weniger Kommandos – weil dein Hund sich selbst im Griff hat.
Warum sensorische Integration gerade für Welpen so wichtig ist
Welpen befinden sich mitten in der neurologischen Entwicklung – ihr Gehirn ist hochgradig formbar. Wenn sie in dieser Zeit lernen, ihren Körper richtig wahrzunehmen und Reize gut zu verarbeiten, profitieren sie ein Leben lang davon.
Doch viele Welpen sind überfordert – durch zu viele Reize, zu viel Bewegung, zu wenig passende Rückmeldung.
Vielleicht kennst du das:
dein Welpe schnappt im Spiel ständig zu
er kommt nach Spielgruppen mit anderen Welpen nicht oder zur schwer zur Ruhe
er wirkt gestresst, wenn du ihn streichelst oder festhältst
er reagiert sensibel auf Berührung oder Geräusche
Was hilft stattdessen?
sanfte, gut dosierte Berührung als Rückmeldung (kein Festhalten!)
langsames, strukturiertes Spiel mit Pausen
Sicherheit durch ruhige, klare Begleitung – nicht durch ständiges Eingreifen
Wichtig: Welpen brauchen nicht einfach „Sozialkontakte“, sondern erfahrene Spielpartner:innen (auch Menschen!), die ihnen helfen, mit Reizen umzugehen und sich selbst zu regulieren.

Warum Spiel kein „Luxus“ ist – sondern Gehirntraining pur
Spiel ist kein reines Vergnügen – es ist die „Schule des Lebens“. Im Spiel entwickelt dein Welpe und Junghund neue Bewegungen, probiert aus, lernt etwas über sich und andere. Mit der richtigen Begleitung entsteht dabei echte Neuroplastizität – also die Fähigkeit des Gehirns, neue Verbindungen zu knüpfen.
Für dich als Hundehalter:in heißt das: Spiel ist nicht nur Beschäftigung – es ist Entwicklung. Richtig begleitetes Spiel fördert Körpergefühl, Achtsamkeit und Sozialverhalten.
Ein erstaunliches Beispiel aus der Praxis
Viele Agility-Champions können in voller Geschwindigkeit über Wippen rasen – aber sie haben Probleme, langsam und balanciert über eine schmale Brücke zu gehen.
Warum? Weil es an tiefer Körperwahrnehmung und Gleichgewicht fehlt.
Schnelligkeit ≠ Körperkontrolle.
Auch dein Hund profitiert davon, nicht nur „schnell zu rennen“, sondern sich wirklich zu spüren – und dadurch ruhiger und sicherer zu werden.

Physiotherapie und Sensorische Integration
Klassische Physiotherapie, was eine Berufsausbildung ist, arbeitet sowohl am Bewegungsapparat – Muskeln, Gelenke, Beweglichkeit, als auch nach dem Konzept der SI. Sensorische Integration setzt im Nervensystem, in der Wahrnehmung, im Erleben an.
SI kann helfen bei:
Reaktivität
Übererregbarkeit
Unsicherheit in neuen Situationen
scheinbar „unerklärlichem“ Verhalten
Der Schlüssel: Dein Feedback als Halter:in
Viele Hunde reagieren empfindlich auf Sprache – gerade in stressigen Momenten, weil sie unsere Worte nicht verstehen, was wiederum große Unsicherheit beim Hund erzeugt. Taktile Rückmeldung, z. B. ein kurzer Druck auf die Brust, ohne Festhalten, ist für viele Hunde in solchen Momenten viel verständlicher. So kann man dem Hund klarmachen, wo eine Grenze ist - natürlich ohne den Hund dabei zu erschrecken, einzuschüchtern oder gar Angst zu machen.
Wenn du lernst, ruhig, klar und körperlich fein abgestimmt zu kommunizieren, wird dein Hund nicht nur ausgeglichener – sondern er sucht aktiv deine Nähe und Orientierung.
Du kannst deinem Hund helfen, sich selbst zu regulieren
Sensorische Integration und Selbstregulation sind keine Zauberwörter – sondern der Schlüssel zu einem ruhigeren, harmonischeren Zusammenleben. Mit bewusster Begleitung, fein abgestimmtem Spiel und dem richtigen Maß an Rückmeldung lernt dein Hund, sich selbst zu spüren und von innen heraus zu balancieren.
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📌 Teile diesen Artikel mit Hundemenschen, die endlich tiefer verstehen wollen, warum ihr Hund sich so verhält – und wie man wirklich helfen kann.


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