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Alternatives Verhalten: Mehr als nur Hand-Touch

In der Welt des Hundetrainings wird oft betont, dass der Fokus auf positivem Training liege, das darauf abziele, das zu verstärken, was der Hund gut macht. Das bedeutet, dass bestimmte Verhaltensweisen durch Belohnungen verstärkt werden, um sie öfter, schneller, länger oder intensiver auftreten zu lassen. Ein zentrales Prinzip dieses Trainingsansatzes ist das Training von Alternativverhalten, das unerwünschte Verhaltensweisen ersetzen soll.


Weiß brauner Hund sitzt
Kaya sitzt, um den Nachbarshund zu beobachtet. Das ist ihre freiwillig gewählte Alternative anstatt zum Zaun zu rennen und zu bellen.

Ein einfaches Beispiel verdeutlicht dies: Wenn ein Hund sitzt, kann er nicht gleichzeitig springen oder irgendwo hinrennen. Indem man das Sitzen immer wieder übt und verstärkt, könne man es als Alternative zu unerwünschtem Verhalten in entsprechenden Situationen einsetzen, sagen viele "ExpertInnen". Das ist ein gängiger Trainingsansatz und die Idee dahinter ist, das Verhalten des Hundes nach unseren Wünschen zu manipulieren, ohne auf die Bedürfnisse des Hundes einzugehen.





 

TIPP: Warum das Sitz nicht als Alternativverhalten trainieren sollten, kannst du in diesem Blogartikel nachlesen: https://www.nasenarbeit-hunde.com/post/ein-welpe-ist-kein-hund

 

Wessen Verhalten ist es eigentlich?

Ich finde, wir sollten das Verhalten unserer Hunde aus deren Sicht betrachten. Es gibt immer einen Grund, weshalb ein Hund ein bestimmtes Verhalten zeigt. Viel zu oft wird der Grund von uns ignoriert und wir überlegen uns, welche Verhalten wir denn gern vom Hund sehen würden, als ob der Hund eine Maschine wäre, die wir programmieren können. Viele Verhalten, die für uns Menschen als Alternative erscheinen, erfüllen jedoch die Bedürfnisse des Hundes nicht, insbesondere wenn es um Situationen geht, die durch spezifische Bedürfnisse des Hundes ausgelöst werden. Dazu muss man aber natürlich erst mal wissen, was die Bedürfnisse des Hundes sind.

Hund zerreißt Polster
Hunde zeigen manchmal Verhaltensweisen, die wir Menschen nicht gutheißen. Trotzdem müssen wir uns immer fragen: Welche Funktion erfüllt dieses Verhalten? Welche Emotion liegt darunter?

Hundebegegnungen

Ein gängiges Beispiel und Problem für uns Menschen sind Hundebegegnungen, in denen Hunde unerwünschtes Verhalten wie Bellen oder Ziehen an der Leine zeigen. Ein oft verwendetes Alternativverhalten ist in solchen Situationen das "Stups", auch "Hand-Touch" genannt, bei dem der Hund die Hand seiner Bezugsperson mit der Nase berührt, bevor er unerwünschtes Verhalten zeigt. Das heißt, der Hund wird rechtzeitig abgelenkt.


Doch ist das wirklich eine Alternative aus Sicht des Hundes?

Oftmals nicht. Denn hinter sichtbarem Verhalten liegen, wie schon gesagt, Emotionen und Bedürfnisse. Was löst denn dieses Verhalten - Ziehen an der Leine bei Hundebegegnungen - überhaupt aus? Ängste, Unsicherheiten, Frust oder das Bedürfnis nach Kontakt?

Um fair zum Hund zu sein, ist es entscheidend, dass der Hund selbst Alternativverhalten wählen kann, welche seine Bedürfnisse erfüllen und ihm ein Gefühl von Selbstwirksamkeit vermitteln.


Welpen müssen erst lernen, wie man Artgenossen höflich begrüßt

Daher ist für mich die einzig wirklich faire Alternative in Begegnungssituationen, dem Hund positive Erfahrungen mit anderen Hunden zu ermöglichen, und zwar von Anfang an. Das ist besonders für Welpen und Junghunden wichtig. Wie das geht? Durch Unterstützung, Feedback und die Förderung von ruhigem Verhalten. Nur so kann der Welpe und Junghund lernen, Begegnungen selbstwirksam und sicher zu bewältigen. Ein erwachsener Hund kann dann sowieso selbst entscheiden. Das erfordert natürlich Geduld, eine gute Beobachtungsgabe, Wissen und vor allem eine ganzheitliche Betrachtung des Hundes und seiner Bedürfnisse.


Ein Hand-Touch oder ein Blickkontakt zum Menschen mag eine Managementmaßnahme sein, um unerwünschtes Verhalten zu unterbrechen, aber es ist kein Ersatz für echte Wahlfreiheit eines Verhaltens, was der emotionalen Grundlage des Hundes gerecht wird!!! Es ist wichtig, dass jegliches Verhalten dem Hund ein Gefühl von Sicherheit und Selbstwirksamkeit vermittelt und ihm ermöglicht, positive Erfahrungen zu sammeln.

In der Praxis bedeutet das, dass der Welpe und Junghund lernt, dass sein Mensch ihn unterstützt, leitet und co-reguliert, sodass er später als erwachsener Hund selbst gute Entscheidungen treffen kann.

Nur durch genaues Beobachten, Wissen und eine einfühlsame Begleitung können Mensch und Hund lernen, effektive Alternativen zu unerwünschtem Verhalten zu etablieren und eine positive Beziehung aufzubauen. Dabei folge ich in meinem Training der KIS-Formel: Keep it simple. Einfache Signale und klare Kommunikation ohne Clicker oder Futter machen es sowohl dem Menschen als auch dem Hund um Einiges leichter.

 

TIPP: Du lebst in Graz oder Umgebung und möchtest mehr zum Thema "Hundebegegnungen" erfahren? Komm doch zum Grazer Hundestammtisch. Jeden letzten Freiten im Monat.


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